Eine persönliche Sicht auf die Natur

(YS) Brigitta Malche vereinigt in ihrer Arbeit Einsichten in ihre Lebensstationen, die sie im barocken Wien, in der rationalen Schweiz und in der spirituellen Welt Asiens geprägt haben. lnsbesondere fasziniert ist sie von den Ornamenten und der Art und Weise wie die Kunst des lslams mit rationalen, linearen Mustern, einen irrationaler Eindruck und ein verspieltes Ornament erzeugt. So ist es auch kein Zufall, dass uns in den ausgestellten Bildern da und dort auch ornamental anmutende Strukturen überraschen.

Das Gesamtwerk von Brigitta Malche pendelt zwischen sachlicher Geometrie und meditativer Tiefe. Nachdem sich die Künstlerin in den Bildzyklen Schwarzes Licht und Schöpfung intensiv mit den Zusammenhängen von Religion und Wissenschaften beschäftigte, setzte sie sich mit der Schöpfungsgeschichte und der Evolution auseinander. Diese Vertiefungen führten sie zur ästhetischen Erforschung der Natur und ihren Bauplänen. lm Zusammenhang mit der Serie Concepts on Nature spricht die Künstlerin deshalb von «Denkbildern» ihrer Naturssicht.

Ein Schlüsselwerk ist das ausgestellte 14-teilige Bild «hortus conclusus». Der lateinische Titel bezieht sich auf den «verschlossenen Garten» im Mutterleib. Der Bildinhalt zeigt die Entwicklung des menschlichen Lebens auf verschiedene Weise auf: als reales Abbild des Embryos im Alter von achtzehn Tagen, gesehen durch ein Elektronenmikroskop, als abstrahierende Zeichnung in der Art von medizinischen Darstellungen in Lehrbüchern und als wissenschaftliche Formel des genetischen Codes. Das uralte chinesische I-Ging-Zeichen steht dabei für den meditativen Aspekt. Denn um die eigene Achse mehrmals gedreht, entsteht aus diesem Wandlungszeichen eine der Doppelhelix erstaunlich verwandte zylindrische Spirale.

Zur Herstellung des ausgestellten Bildzyklus kam ihr die in der Akademie der bildenden Künste Wien erlernte altmeisterliche Technik zugute. Für ihren mehrschichtigen Farbauftrag benutzt sie eine nach eigenem Rezept gefertigte Eitempera, die sie bisweilen wie einen zarten Schleier über das Bildgeschehen legt. Sie experimentiert auch mit anderen Malmitteln und Materialien und gestaltet damit differenzierte Bildräume. Die unterste Schicht der Bilder besteht zumeist aus weissem Stuck, den sie mit Naturpigmenten stärkt. Die schillernden Graphitschichten trägt sie mit einem Wattebausch auf und streicht sie mit dem Handballen glatt. Mit diesem Vorgehen kann die Künstlerin den Eindruck von Patina bewirken und die Prozesshaftigkeit des Werdens und Vergehens veranschaulichen.

Wie sich Brigitta Malches Œuvre im Verlauf ihrer künstlerischem Karriere auch immer entwickelt hat – bestimmte Konstanten machen ihre Kunstwerke unverkennbar. So etwa die Verknüpfung von streng geometrisch mathematischem Formen mit weichen organischen, sich auflösenden und scheinbar chaotischen Strukturen. Der Künstlerin ist es schon früh aufgefallen, dass unsere Wirklichkeit nicht aus einem festen Kern besteht, sondern aus Systemen wechselwirkender Gegensätze. Deshalb treffen wir in ihrem Werk jeweils Gegenüberstellungen von Ordnung und Chaos, von Geometrie und Auflösung, von Mathematik und Leben.